Schweizer können im Sommer trotz Grossernten nur teure Tomaten kaufen. Grund: Der Bund erhöht zwischen Juni und September die Einfuhrzölle für Tomaten stark, um die einheimischen Bauern zu schützen und Importe zu verhindern («Saldo» 12/14). Ein Kilo konventionelle Tomaten kostet je nach Sorte bei der Migros Fr. 2.– bis 6.90, bei Coop Fr. 3.50 bis 4.95.
Kommt hinzu: Die konventionellen Schweizer Tomaten bei Coop und Migros stammen fast ausschliesslich aus Hors-sol-Produktion – dies im Unterschied zu Tomaten aus Südeuropa. Jürg Jordi vom Bundesamt für Landwirtschaft bestätigt den Trend zu Hors-sol: «Diese Produktionsart ist äusserst effizient.»
Freilandtomaten gibt es in der Schweiz praktisch keine mehr. Der Grund: Tomaten sind äusserst empfindlich gegenüber Regen. Laut Martin Koller vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau ist auch die Krautfäule mit schuld: «Sie ist aggressiver geworden und hat den Tomatenanbau ohne Plastikschutz praktisch unmöglich gemacht.» Aus Witterungsgründen stammen auch die Schweizer Bio-Tomaten aus Gewächshäusern. Aber sie sind nicht Hors-sol. Das wäre gesetzlich verboten.
Nährstoffe werden per Schlauch zugeführt
Hors-sol bedeutet, dass die Pflanzen nicht im Boden wachsen, sondern in Torf, Steinwolle, Kokosfasern oder sogar direkt in einer chemischen Nährlösung. Die Nährstoffe werden dabei gezielt über einen Schlauch zugeführt.
Der Verband Schweizer Gemüseproduzenten propagiert Hors-sol-Anbau als «ökologisch besonders sinnvoll». Boden und Wasser würden geschont. Zudem müssten weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Dem hält Bernhard Schmid, Professor für Umweltwissenschaften an der Uni Zürich, entgegen: «Hors-sol aus ökologischen Gründen zu bevorzugen, ist ein Vorschlag, der wohl ohne Umweltverträglichkeitsanalyse gemacht wurde.»
Auch für Martin Koller ist Hors-sol nicht umweltfreundlicher. Denn dafür brauche es deutlich mehr Energie. Koller verweist zudem auf gesundheitliche Aspekte: «Studien zeigen, dass Bio-Tomaten mehr sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe wie Polyphenole enthalten.» Diese gelten als besonders gesund.
Bloss freiwillige Deklaration
Ob eine Tomate aus Hors-sol-Produktion stammt, muss in der Schweiz nicht deklariert werden. Eine freiwillige Vereinbarung des Konsumentenforums mit den Branchenverbänden sieht zwar die Deklaration von Hors-sol- und Gewächshausanbau vor.
Ein Blick in die Läden zeigt jedoch: Bei vielen Tomaten ist nichts angeschrieben. Die Deklarationsvereinbarung sei nach wie vor gültig, sagt Jordi. Er bestätigt aber: «Die Umsetzung ist wohl etwas eingeschlafen.» Die Konsumenten sind also nicht nur zum Kauf von Hors-sol-Tomaten gezwungen – sie wissen oft noch nicht einmal, dass sie solche Tomaten in ihren Einkaufskorb legen.
So schmecken Tomaten besser
- Tomaten nicht im Kühlschrank aufbewahren. Sie verlieren bei Temperaturen unter 12 °C an Aroma.
- Fade Tomaten mit Zucker andünsten statt roh essen.
- Wählen Sie geschmacksintensive Sorten wie Ochsenherz, Black Cherry, Kumato, Baselbieter Röteli und Berner Rosen.
- Auf Wochenmärkten findet man zum Teil Schweizer Tomaten, die nicht aus dem Gewächshaus stammen, sondern nur mit Plastikfolien vor Regen geschützt werden.
- Bauen Sie auf dem Balkon oder im Garten selber Tomaten an.